Ohne IT läuft im beruflichen Alltag nichts, auch nicht im Bankgeschäft: Sei es bei der Verarbeitung der Bank- und Kundendaten im Daily Banking, sei es bei den internen Bankprozessen, sei es bei den Bankkundenanwendungen wie dem Online- oder Mobile-Banking. Wer im Wettbewerb bestehen will, muss nachhaltig in Technologie investieren. Wie sich die Rolle der IT verändert hat und welche Auswirkungen das auf die Finanzstrategie des Digitalisierungspartners Atruvia hat, erläutert Vorstandssprecher, Arbeitsdirektor und CFO Martin Beyer im Interview.
Die IT hat für Banken schon immer eine wichtige Rolle gespielt. Was hat sich verändert?
Noch vor 20 Jahren standen unsere Rechenzentrumsleistungen für die Banken und Lösungen für den Bankarbeitsplatz in der Filiale im Vordergrund: Es ging vor allem darum, Daten der Banken und ihrer Kund*innen sicher zu verwalten und IT-technisch weiterzuverarbeiten. Das ist natürlich nach wie vor sehr wichtig, und zwar rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr und hochverfügbar. Auch investieren wir viel in unsere Cybersecurity. Aber heute hat die IT mit Blick auf die Wettbewerbsfähigkeit der Banken eine ganz andere Dimension.
Das gesamte Bankgeschäft ist mehr und mehr automatisiert und digitalisiert. Das fängt bei den Bankkund*innen an, die ihre Bankgeschäfte zunehmend digital via Online-Banking oder der VR Banking App abwickeln - wenn gewünscht fallabschießend im Self-Service oder im hybriden Omnikanal-Prozess. Und das endet am Bankarbeitsplatz und in der Marktfolge, wo Daten und Prozesse automatisiert verarbeitet werden.
Was bedeutet das für die Arbeit von Atruvia?
Die Digitalisierung macht das Bankgeschäft deutlich effizienter. Auf den IT-Systemen von Atruvia erzeugt das gleichzeitig eine hohe Last. Zu Spitzenzeiten verzeichnen wir allein über das Online-Banking und die VR Banking App pro Minute mehr als 10.000 Logins. Das erfordert viel mehr Rechnerleistung und damit auch deutlich höhere Kosten als es früher der Fall war. Ganz zu schweigen von den dynamisch steigenden Aufwendungen für die Cybersecurity.
Das Bankgeschäft ist ohne eine moderne, hochverfügbare und resiliente IT heute nicht mehr abbildbar – vergleichbar etwa mit dem Roboter auf der Fertigungsstrecke für Automobile. Sie ist wesentlicher Bestandteil und Erfolgsfaktor für die Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit des Geschäftsmodells der Banken. Deshalb müssen wir gemeinsam in der genossenschaftlichen FinanzGruppe nachhaltig in unsere Technologie und Lösungen investieren.
Eine besondere Herausforderung ist dabei, den Skill unserer Mitarbeiter*innen immer up-to-date zu halten und sie bei den transformatorischen Veränderungsprozessen mitzunehmen.
Was sind die „dicksten Brocken“?
Wir investieren zum Beispiel in eine moderne und Cloud-fähige IT-Infrastruktur, in die sich neue digitale Lösungen schnell und flexibel einbinden lassen. Hier zahlen sich die Investitionen in die Omnikanalplattform der letzten Jahre aus, da wir hier auf einer der modernsten und mandantenfähigen Banking-Plattformen in Europa aufsetzen können.
Im Rahmen der Umsetzung des neuen Betriebsmodells für die genossenschaftlichen Banken investieren wir in die Banking-Lösungen, die vor allem auf die Effektivität und Effizienz des Bankgeschäfts einzahlen. Das Ziel sind digitale und hochautomatisierte Lösungen, die wir bedarfs- und marktgerecht permanent ausbringen. Nur so bleiben die Banken in einem hochdynamischen Marktumfeld im Sinne von time-to-market auf lange Sicht wettbewerbsfähig. Bis 2030 sollen Prozesse und Lösungen entstehen, die eine Bruttoergebniswirkung aus effizienteren Betriebsprozessen von 2,6 Milliarden Euro bis 2035 ermöglichen.
Welche Rolle spielt die KI in der (Finanz-)Planung?
Die KI spielt auch im Bankgeschäft eine immer größere Rolle. Bereits heute arbeiten rund 30 der automatisierten digitalen Prozesse mit KI. Wir partizipieren hier von den immensen Investitionen der so genannten Big Techs, aber auch Lösungen von Fintechs. Wir müssen und werden hier am Ball bleiben, auch wenn wir nicht den Anspruch der First Mover haben. Wir müssen dabei immer auch die IT-Security, den Datenschutz und die Regulatorik im Blick haben. Dafür braucht es finanziellen Handlungsspielraum bei den Investitionsmitteln, die wir priorisiert am Bedarf der Genossenschaftsbanken ausrichten.
Wie stemmt Atruvia diese Investitionen?
Bislang haben wir Zukunftsinvestitionen, wie zum Beispiel für die Entwicklung der Omnikanalplattform, über eine Umlage bei den Banken finanziert. Das passt angesichts der erfolgskritischen Bedeutung der IT nicht mehr in die Zeit. Um schnell und flexibel am Markt agieren zu können, brauchen wir finanziellen Handlungsspielraum, der aus der eigenen Ertragskraft generiert ist. Unsere Finanzstrategie ist darauf ausgerichtet und trägt bereits erste Früchte.
Wie sieht die Finanzstrategie konkret aus?
Wir streben eine Zielrendite von 4 Prozent in Bezug auf den Umsatz an und steigern nachhaltig das Betriebsergebnis, um ein dauerhaftes Plus für neue Investitionen zu generieren. Das gelingt durch Skaleneffekte aufgrund höherer Erlöse und durch eigene Effizienzen auf der Kostenseite.
Gleichzeitig werden wir den Anteil der Umlagefinanzierung am Gesamtumsatz sukzessive durch eine nutzenbasierte Bepreisung reduzieren. Das heißt: Unsere Kunden bezahlen je nach Mehrwert und Nutzen für unsere Lösungen. Im Umkehrschluss heißt das für Atruvia: Erlöse werden stärker als heute mit den vorgenannten Indikatoren verknüpft und in Abhängigkeit gebracht. Win-win also für beide Seiten.