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Arbeiten mit Partnern: Wie im hohen Norden die Bank von morgen entsteht

Mann im Anzug schaut aus einem Bürofenster auf die Stadt. Im Vordergrund eine leicht reflektierende Fensterscheibe.

Wer sich für das Banking von morgen interessiert, kann sich im Silicon Valley oder in Frankfurter Wolkenkratzern auf die Suche begeben. Oder einen Ausflug in die deutsche Provinz machen. Dort, wo alteingesessene Institute ihre Kunden seit Jahrzehnten in allen Fragen des Geldes gewissenhaft beraten, ist gerade eine kleine digitale Revolution im Gange.

Ein Beispiel ist die Raiffeisenbank Südstormarn Mölln eG. Sie hat ihr Geschäftsgebiet im östlichen Hamburger Speckgürtel und zählt derzeit rund 44.000 Kunden, darunter knapp 16.000 Mitglieder. Lange Zeit stand hier vor allem die fachkundige Beratung in den zehn Filialen im Mittelpunkt. Persönliche Gespräche, die unverändert wichtig seien, wie Sandra Schultz, Bereichsleitung Privatkunden, sagt. Jedoch: Sie sind nicht mehr ausreichend. „Immer mehr unserer Kunden fordern umfassende digitale Angebote.“ Dies betreffe nicht nur das Online-Banking, das schon jetzt rund 50 Prozent der Kunden nutzen und das 2021 rundum erneuert wurde. „Die Menschen wünschen auch, sich online zu Krediten und Geldanlage beraten lassen zu können – nicht pauschal, sondern mit auf sie zugeschnittenen Angeboten.“

Digitalisierungsschub dank Corona

Während des ersten Corona-Lockdowns im Frühjahr 2020 gewann digitales Arbeiten bei den norddeutschen Raiffeisenbankern, wie an vielen Orten, an Schub. „Die Pandemie hat uns in im Bereich Digitalisierung unglaublich weit nach vorne gebracht“, sagt Schultz. Gleichzeitig habe man gemerkt: Die Angebote sind längst nicht so gut, wie sie sein könnten. „Wir sind zu der Einsicht gekommen, dass wir unsere Produkte schnell überarbeiten müssen – und dass wir dabei Unterstützung brauchen. Mit diesem Anliegen sind wir an Atruvia herangetreten.“

Atruvia unterstützt die genossenschaftlichen Banken bereits seit 2018 im Rahmen der „Digitalisierungsoffensive“. Dazu hat das Unternehmen eine neue Omnikanalplattform ins Leben gerufen, die es den Kunden ermöglicht, ihre Anliegen kanalübergreifend zu erledigen – zum Beispiel eine Beratung zur Altersvorsorge online zu beginnen und in der Filiale abzuschließen. Die Herausforderung: die Omnikanalplattform permanent weiterentwickeln – und auf die Bedürfnisse der verschiedenen Banken und ihrer Kunden zuschneiden.

Portraitfoto zeigt Roland Reckert im weißen Hemd.
Roland Reckert, Tribe Lead Vertriebs- und Geschäftsprozesse bei Atruvia.

Diese Herausforderung zu meistern, obliegt Roland Reckert, Tribe Lead Vertriebs- und Geschäftsprozesse bei Atruvia. Die Digitalisierungsoffensive ist für ihn vor allem eine Frage der Arbeitsweise und des dahinterliegenden Mindsets: „Früher erhielten die Banken von uns alle paar Monate ein großes Software-Update. Dieses umzusetzen, erforderte einen hohen regulatorischen und bürokratischen Aufwand und war mit komplexen Freigabeprozessen verbunden. Es brauchte lange, bis neue Funktionen flächendeckend in der Republik ausgerollt waren.“ Dies, so Reckert, sei ein Verfahren gewesen, mit dem man vor 15 Jahren hätte leben können. „Heute tickt die Welt viel schneller, die technischen Möglichkeiten sind größer. Einen Mangel an Geschwindigkeit und Effizienz kann sich niemand mehr leisten.“

Mit agiler Arbeit zu schnellen und guten Ergebnissen

Die Lösung: agiles Arbeiten. Anders als früher wird nicht mehr monatelang an kompletten Lösungen gearbeitet; vielmehr werden Neuerungen laufend integriert. Das Ergebnis: Verbesserungen kommen viel schneller bei den Kunden an. Dafür braucht es nicht zuletzt eine entsprechende Arbeitsweise in den Banken selbst. Die nötigen Veränderungen sind wesentlicher Bestandteil des gemeinsamen Projektes der Raiffeisenbank Südstormarn Mölln und Atruvia.

An die neue Arbeitsweise habe man sich bei der Raiffeisenbank Südstormarn Mölln zunächst gewöhnen müssen, sagt Sandra Schultz: „Für uns Banker war es früher normal, zu einem bestimmten Zeitpunkt fertige Software zu erhalten. Jetzt bewerten wir neue Entwicklungen in kurzen Abständen immer wieder neu. Gemeinsam mit Atruvia entscheiden wir, ob wir den Mehrwert sehen, eine Lösung schon jetzt umzusetzen, oder ob wir noch eine Entwicklungsstufe abwarten.“

Wie solche Entscheidungen im Einzelfall ausfallen, kann von Bank zu Bank sehr unterschiedlich sein. Von hoher Bedeutung ist ein Gespür für die Bedürfnisse der Kunden. Denn diese unterscheiden sich je nach Geschäftsgebiet eines Hauses mitunter erheblich. In jüngeren und urbanen Regionen sind die Erwartungen und Ansprüche oft andere als in ländlichen Landstrichen mit einer eher älteren Bevölkerung.

„Daher ist es wichtig, dass wir als IT-Dienstleister der Volks- und Raiffeisenbanken unsere Beratungsleistungen so ausrichten, dass unsere Kunden genau den Nutzen erhalten, die für sie ganz individuell wichtig ist.“ so Roland Reckert.

Aufbruchstimmung bei der Raiffeisenbank

Die Zusammenarbeit zwischen der Raiffeisenbank Südstormarn Mölln und Atruvia ist zunächst auf zwei Jahre angelegt. Obwohl sie noch in den Startlöchern steht, kann Sandra Schultz bereits ein positives Zwischenfazit ziehen: „Nach den ersten Workshops ist die Stimmung in unserem Team super. Die Kolleginnen und Kollegen auf beiden Seiten gehen die Aufgabe mit großem Engagement an.“

Dank Digitalisierungsoffensive herrscht also Aufbruchstimmung bei der Raiffeisenbank Südstormarn Mölln eG. Ein Gefühl, das viele Häuser zwischen Flensburg und Berchtesgaden derzeit teilen dürften. Das Banking der Zukunft, es hat für viele Banken schon begonnen.